EuGH: Europaweit „fliegender Gerichtsstand“ zulässig

Der EuGH hat klargestellt: bei Urheberrechtsverletzungen im Internet kann de facto überall in der EU geklagt werden. Eine örtliche Zuständigkeit ergibt sich nicht nurr dort, wo der Schaden eintritt oder das schädigende Ereignis stattfindet – sondern ggf. überall, wo ein Werk abrufbar war.

Fliegender Gerichtsstand ermöglicht Klage überall in der EU

Bei Streitigkeiten über Urheberrechtsverletzungen im Internet steht nicht selten eine Frage prominent im Raum: welches Gericht ist zuständig?

In seinem Urteil vom 22.1.2015 (Rs. C-441/13) stellte der Europäische Gerichtshof klar, dass bei einer Urheberrechtsverletzung mehrere Gerichte zuständig sein können. Neben dem Gericht in dessen Bezirk das schädigende Ereignis eingetreten ist sind auch jene Gerichte zuständig, in deren Bezirken das in Frage kommende Werk abrufbar war bzw. ist. Dabei ist es irrelevant, dass die urheberrechtsverletzende Homepage auf einen bestimmten Mitgliedstaat der EU ausgerichtet ist (bspw. durch nationale Top-Level-Domains wie .de, .co.uk, .fr, …). Die Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (VO (EG) Nr. 44/2001) ist dahingehend auszulegen, dass jenes Gericht zuständig ist, in dessen Bezirk die urheberrechtsverletzende Homepage abrufbar ist bzw. war. Ist die Homepage in jedem Mitgliedsstaat zu erreichen, wäre folglich jedes Gericht innerhalb der EU örtlich zuständig. Der Kläger hat somit die freie Wahl des Gerichtsstandes.

Unternehmen, die Urheberrechte im Internet verletzen, können somit relativ leicht im europäischen Ausland verklagt werden.

Deutsche Gerichte entschieden teilweise anders

Zumindest in Filesharing-Fällen sah das AG Düsseldorf die Regelung des fliegenden Gerichtsstandes als verbraucherrechtswidrig und damit als nicht anwendbar an (Beschluss v. 22.1.2014 – Az. 57 C 7154/13). Ebenso reagierte das AG Köln (Beschluss v. 01.08.2013 – Az. 137 C 99/13; mit Hinweis auf andere Ansichten). Wird der fliegende Gerichtsstand rechtsmissbräuchlich verwendet, seien zudem die aus der Wahl des Gerichtsortes entstandenen Mehrkosten nicht erstattungsfähig (LG München I, Beschluss v. 22.03.2013 – Az. 13 T 20183/12).