Störerhaftung vor dem Aus?

Die Störerhaftung für Betreiber offener WLAN-Zugänge steht seit Jahren in der Kritik. Jetzt liest man die Meldungen, dass sie abgeschafft wird. Steht die Störerhaftung wirklich vor dem Aus?

Störerhaftung in der Kritik

Die Störerhaftung ist schon seit langem Gegenstand netzpolitischer und rechtlicher Auseinandersetzungen. Nach geltendem deutschem Recht haftet der Betreiber eines un- bzw. schlechtgesicherten WLAN für etwaige Rechtsverstöße. Allerdings erfasst die Haftung keinen eventuellen Schadensersatz, sondern die Kosten einer rechtsanwaltlichen Abmahnung. Zusätzlich kann der Betreiber zur Unterlassung verpflichtet werden (BGH, Urteil v. 12.5.2010 – Az. 1 ZR 121/08). Kritiker sind der Auffassung, dass die Störerhaftung digitale Innovationen und den technischen Fortschritt hemme. Dem halten Verteidiger der Störerhaftung entgegen, dass durch sie Rechte und Eigentum Dritter geschützt würden.

Steht die Störerhaftung wirklich vor dem Aus?

Gab es anfangs nur unbestätigte Meldungen über einen neuen Gesetzentwurf, ist das neue Gesetz mittlerweile in Kraft. Anfängliche Berichte des Blog netzpolitik.org, wonach das Büro des netzpolitischen Sprechers der CDU bestätigt haben soll, dass eine Streichung des in einem vorherigen Entwurf vorgesehenen § 8 Abs. 4 Telemediengesetz (TMG) erfolgt, haben sich bestätigt. Der nun wieder gestrichene Absatz sah folgende Regelung vor:

(4) Diensteanbieter nach Absatz 3 können wegen einer rechtswidrigen Handlung eines Nutzers nicht auf Beseitigung oder Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn sie zumutbare Maßnahmen ergriffen haben, um eine Rechtsverletzung durch Nutzer zu verhindern. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Diensteanbieter

1. angemessene Sicherungsmaßnahmengegen den unberechtigten Zugriff auf das drahtlose lokale Netzwerk ergriffen hat und 

2. Zugang zum Internet nur dem Nutzer gewährt, der erklärt hat, im Rahmen der Nutzung keine Rechtsverletzungen zu begehen.

Mit dem verabschiedeten Entwurf entfällt zumindest die Pflicht zum passwortgeschützten Zugang und einer Vorschaltseite. Ob ein vollständiger Schutz vor Abmahnungen für WLAN-Betreiber durch diese Gleichstellung erreicht wird, sehen einige Kritiker skeptisch. Grund ist die sog. Goldesel-Entscheidung des BGH, die einen Unterlassungsanspruch und eine Netzsperre erlaubt, wenn Urheberrechte Dritte nicht anders geschützt werden könne. Kritiker fordern deshalb, dass der Haftungsausschluss nach § 8 TMG explizit auch den Unterlassungsanspruch erfassen solle.

Über das Ziel hinaus?

Bei dieser Forderung stellt sich aber die Frage, warum WLAN-Betreiber besser als Access-Provider gestellt werden sollen. Zudem bleibt offen, wie sich Dritte effektiv gegen eine (fortgesetzte) Verletzung ihrer Rechte wehren sollen, wenn ein Unterlassungsanspruch explizit ausgenommen werden soll. Gerade bei einem öffentlichen WLAN dürfte es einem Geschädigten nur schwer möglich sein, eine Verletzung seiner Rechte zu unterbinden. Der Vorschlag einer derart weitgehenden Haftungsprivilegierung erscheint vor diesem Hintergrund als unausgewogen.

Allerdings stellt sich die Frage, ob sich mit dem nun verabschiedeten Gesetz wirklich eine neue Regelung ergibt. Durch die Streichung des im ursprünglichen Entwurf vorgesehenen Abs. 4 besteht weiterhin die Gefahr auf Unterlassung, Beseitigung und ggf. Schadenersatz in Anspruch genommen zu werden. Kritiker bemängeln deshalb, dass sich im Endergebnis kein neuer Regelungsgehalt ergebe.