Vergaberecht: Comeback des Bayerischen Obersten Landesgerichts

Für Beschwerden gegen Entscheidungen der Vergabekammern in Bayern ist seit dem 01.01.2021 (wieder) das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) zuständig.

Ein Gericht mit langer Tradition

Das BayObLG hat eine lange Tradition. Es wurde 1879 eingeführt, seine Vorgänger (Oberappellationsgericht und Revisorium) reichen bis ins Jahr 1625 zurück. Das BayObLG wurde 1935 abgeschafft und 1948 wieder eingeführt.

Im Jahr 2006 wurde es aus Kostengründen erneut aufgelöst. Im Juli 2018 hat der Bayerische Landtag auf Initiative des neuen bayerischen Ministerpräsidenten, Markus Söder, beschlossen das BayObLG kurzfristig ab Mitte September 2018 wieder einzurichten.

Zuständigkeiten des BayObLG

Das BayObLG hat verschiedene Spezialzuständigkeiten, z.B. in Zivil-, Straf- und Bußgeldsachen. Im Gerichtsaufbau der ordentlichen Gerichtsbarkeit steht das Bayerische Oberste Landesgericht zum Teil neben dem Bundesgerichtshof, zum Teil nimmt es einheitlich Aufgaben der drei bayerischen Oberlandesgerichte (Nürnberg, München und Bamberg) wahr. In Deutschland ist es einzigartig, kein anderes Bundesland hat neben Bayern ein Oberstes Landesgericht. Seinen Sitz hat das BayObLG in München und Außensenate in Nürnberg und Bamberg.

Mit einer Verordnung im November 2020 wurde dem BayObLG zum 01.01.2021 nun auch die Entscheidung über die sofortige Beschwerde gegen Entscheidungen der Vergabekammern übertragen. Es wurde ein Vergabesenat beim BayObLG geschaffen, wie es auch früher der Fall war. Seit der Abschaffung des BayObLG im Jahr 2006 war der Vergabesenat des Oberlandesgerichts München für ganz Bayern zuständig. Die Zuständigkeit wurde also – anknüpfend an frühere Zeiten – wieder an das Bayerische Oberste Landesgericht (zurück) übertragen.

Rechtsweg

Bei Oberschwellen-Vergabeverfahren (europaweite Ausschreibung) besteht für die teilnehmenden Unternehmen die Möglichkeit, ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten, falls sie der Auffassung sind, durch Verstöße gegen Vergabevorschriften in ihren Rechten verletzt worden zu sein.

In erster Instanz sind die Vergabekammern als behördliche Institution zuständig.In Bayern gibt es zwei Vergabekammern:

  • Die Vergabekammer Nordbayern mit Sitz in Ansbach (Regierung von Mittelfranken) ist zuständig für die Regierungsbezirke Oberpfalz, Oberfranken, Mittelfranken und Unterfranken.
  • Die Vergabekammer Südbayern mit Sitz in München (Regierung von Oberbayern) ist zuständig für die Regierungsbezirke Oberbayern, Niederbayern und Schwaben.

Für die sofortige Beschwerde gegen Entscheidungen dieser beiden Vergabekammern ist jetzt also wieder das Bayerische Oberste Landesgericht zuständig.

Hinweis

Die Einleitung eines Nachprüfungsantrages ist an verschiedene Voraussetzungen und recht kurze Fristen gebunden. Unter anderem müssen Verstöße rechtzeitig bereits im Vergabeverfahren gerügt werden. Zudem muss der Antrag binnen 15 Tagen nach der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, gestellt werden. Auch darf der Zuschlag noch nicht erteilt worden sein.

Die Kanzlei MKM + PARTNER bietet mit den Rechtsanwält*innen Krecichwost, Linebach und Weiss umfassende Beratung und Vertretung im Bereich des Vergaberechts an. Bei Fragen kommen Sie gerne auf uns zu.

Autor: Ralph Weiss