Urheberrechtsreform: Was ändert sich im Bereich Software?

Computerprogramme unterliegen einer Reihe von Schrankenbestimmungen, die durch die Urheberrechtsreform um weitere Regelungen ergänzt wurden. 

Urheberrechtliche Schranken für Computerprogramme

Wenn eine Software bearbeitet oder vervielfältigt werden muss, um die bestimmungsgemäße Nutzung zu gewährleisten, z.B. um Fehler zu beseitigen, ist dies gemäß § 69d Abs. 1 UrhG ohne Zustimmung des Urhebers möglich. Eine Sicherungskopie wird durch § 69d Abs. 2 UrhG gewährleistet. Reverse Engineering, also das berechtigte Untersuchen der Funktionsweise des Programms, ist gemäß § 69d Abs. 3 möglich. Sogar eine Dekompilierung, also das Rückübersetzen des Objektcodes in den Quellcode, ist im engen Rahmen des § 69e UrhG erlaubt.

Hinzugekommen sind mit der Reform nun weitere Schranken zugunsten Lehre, Data Mining und Erhaltung des Kulturerbes. In § 69f UrhG wurde Satz 2 eingefügt, der Kulturerbe-Einrichtungen den Besitz von Mitteln erlaubt, die die gesetzliche Nutzungserlaubnis ermöglichen, also „Knacksoftware“.

In den §§ 95a ff. UrhG sind Regelungen zum Kopierschutz bei Werken, die keine Computerprogramme sind, sowie ein ausdrückliches Verbot der Umgehung von Schutzvorrichtungen normiert. § 69a Abs. 5 UrhG a.F. regelte, dass die §§ 95a ff. UrhG nicht auf Computerprogramme anwendbar sind. Diese Regelung wurde mit der Reform jedoch gestrichen. Dadurch stellt sich die Frage, ob dadurch nun das ausdrückliche Umgehungsverbot auch für Computerprogramme gelten soll. Jedoch sollen die §§ 95a ff. UrhG im Rahmen von Computerprogrammen gemäß der Gesetzesbegründung weiterhin keine Anwendung finden. Dies ist auch erforderlich, um den o.g. Schranken Rechnung zu tragen. Von einem ausdrücklichen Umgehungsverbot würden sonst nämlich auch erlaubte Vervielfältigungs- und Bearbeitungshandlungen wie das Erstellen einer Sicherungskopie oder das Herstellen von Interoperabilität von Programmen erfasst.

Das Verhältnis von technischen Schutzmaßnahmen zu Computerprogrammen ist nun in § 69f UrhG geregelt, welcher in Abs. 2 nur den Besitz von „Mitteln“, nicht jedoch die Vervielfältigung an sich verbietet. Um die Schranken durchzusetzen darf weiterhin in berechtigten Fällen der Kopierschutz umgangen werden.

Data Mining

Data Mining beschreibt die computergestützte, automatisierte und auf Algorithmen gestützte Verarbeitung von Daten aus Texten und Datenbanken durch z.B. KI-Anwendungen. Dabei werden teilweise sehr große Datenbestände (Big Data) nach bestimmten vorgegebenen Mustern untersucht, um statistische Erkenntnisse zu gewinnen, Prognosen zu erstellen oder Risiken zu analysieren.

§ 60d UrhG wurde 2018 in das Urheberrechtsgesetz eingefügt. Dieser erlaubt Data Mining nur für nicht-kommerzielle wissenschaftliche Zwecke. Durch die aktuelle Reform kam § 44b UrhG hinzu. Dieser erlaubt Data Mining nun auch zu kommerziellen Zwecken, um z.B. Innovationen für Industrie zu ermöglichen und die Wirtschaft zu fördern.

Gemäß § 44b Absatz 2 S. 1 UrhG sind Vervielfältigungen von rechtmäßig zugänglichen Werken für das Text und Data Mining zulässig. Rechtmäßig zugänglich sind Werke, für die der Nutzer eine Lizenz oder sonstige Berechtigung besitzt, aber auch im Internet frei zugängliche Werke, Open-Source-Software oder Open-Access-Werke wie z.B. wissenschaftliche Literatur, aber auch schlicht öffentlich zugängliche Websites. Der Werkbegriff schließt auch solche Werke ein, die durch das Mining erst digitalisiert werden.

Das Material darf beim Mining kopiert und vervielfältigt und auch bearbeitet werden. Die Vervielfältigungen sind jedoch zu löschen, sobald sie nicht mehr erforderlich sind, § 44b Abs. 2 S. 2 UrhG. Bei personenbezogenen Daten ist zudem stets auch das Datenschutzrecht zu berücksichtigen.

Der Rechteinhaber kann das Data Mining untersagen, indem er dies in maschinenlesbarer Form im Text selbst vornimmt (Opt-Out). Die Beweislast für das Fehlen einer Untersagung trägt der Miner. Im Umkehrschluss aus § 60g UrhG, der § 60b UrhG für unabdingbar erklärt, ergibt sich, dass der § 44b UrhG abdingbar ist. Die Parteien können das Data Mining auch vertraglich ausschließen. § 44b UrhG sieht keine Vergütungspflicht vor. Wenn der Rechteinhaber eine solche wünscht, muss er sie mittels eines Nutzungsvorbehaltes durchsetzen.

Ausschluss bestimmter Ansprüche für die Urheber von Computerprogrammen

Die Urheberrechtsreform nimmt Computerprogramme von einigen wesentlichen Neuerungen aus. So sind gemäß dem neu gefassten § 69a Abs. 5 UrhG die §§ 32 bis 32g, 36 bis 36d, 40a und 41 UrhG auf Computerprogramme nicht anzuwenden.

Das bedeutet, dass auch die zugunsten sonstiger Urheber im Rahmen der Reform neu eingeführten Regelungen z.B. hinsichtlich der Angemessenheit der Vergütung, Auskunftsansprüchen sowie Rückrufsrechten ausdrücklich nicht für Urheber von Computerprogrammen gelten.

Dies hat verschiedene Gründe. Gemäß der Gesetzesbegründung sei die Nachfrage nach Software-Urhebern so hoch, dass die Regelung nicht erforderlich sei. Die Vertragsparität ist nicht in ähnlichem Maße gefährdet wie bei Urhebern aus der Kreativwirtschaft, da Programmierer in der Regel angemessen vergütet werden. Außerdem würde ein Rückrufsrecht Gefahren für Unternehmen bergen, die auf eine bestimmte Software angewiesen sind. Aufgrund der Struktur von Software, die zumeist mit anderen Werken verbunden wird, ist ein Rückrufsrecht auch nicht immer problemlos ausübbar.

Autorin: Nadja Sammet