Digitales Gesellschaftsrecht

Digitalwüste Deutschland – diese Umschreibung trifft auf viele Bereiche des gesellschaftlichen Lebens zu, vor allem aber auf das Recht und bürokratische Prozesse. Das Gesellschaftsrecht bildet dabei keine Ausnahme. Doch die neue Regierung möchte das ändern – sie verspricht einen „digitalen Aufbruch“. Erste Schritte erfolgten aber bereits aufgrund der Corona-Pandemie. 

Die Übergangslösung: Das GesRuaCOVBekG 

Das deutsche Gesellschaftsrecht öffnete sich bis vor Kurzem nicht für die Digitalisierung. Da aber persönliche Treffen, Reisen und große Versammlungen in den letzten Jahren nur sehr eingeschränkt möglich waren, gab es Änderungsbedarf. Durch das Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (GesRuaCOVBekG) wurden bei Aktiengesellschaften erstmals virtuelle Hauptversammlungen ermöglicht. Bei GmbHs konnten Beschlüsse seit Einführung des Gesetzes im Umlaufverfahren gefasst werden, auch wenn der Gesellschaftsvertrag das nicht vorsah. 

Natürlich birgt das Gesetz rechtliche Unsicherheiten. Unklar ist zum Bespiel, welche Regelung gilt, wenn die Satzung einer GmbH bereits virtuelle Versammlungen vorsieht, die Voraussetzungen dafür aber nicht mit dem GesRuaCOVBekG übereinstimmen. Es hat zudem einen sehr begrenzten Anwendungsbereich und gilt, zumindest nach aktuellem Stand, nur bis Mitte 2022. Es ist aber ein wichtiger und vor allem erster Schritt in Richtung Zukunft, der gezeigt hat, dass eine Digitalisierung des Gesellschaftsrechts nicht nur möglich, sondern auch sinnvoll ist. 

Die Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie

Zudem wurde im Juni 2021 das Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) verabschiedet, wodurch eine Richtlinie der EU aus dem Jahr 2019 umgesetzt wurde. Die Regelungen des DiRUG treten überwiegend zum 01.08.2022 in Kraft. Es sieht ebenfalls eine sehr partielle Digitalisierung gesellschaftsrechtlicher Verfahren vor, schafft aber digitale Möglichkeiten, die bisher undenkbar waren. So kann zum Beispiel eine GmbH bald online gegründet werden. Erstmals wird die Beurkundung des Gesellschaftsvertrags beim Notar mittels Videokonferenz möglich, wobei jedoch nur Gründungen zulässig sind, die keine Sacheinlage vorsehen. Eine Gründung, bei der ein Gesellschafter z.B. ein Grundstück in die Gesellschaft einbringt, ist daher weiterhin nur vor Ort möglich. Aber auch Eintragungen in das Handelsregister werden für einige Gesellschaftsformen vereinfacht und sind bald ohne Präsenz möglich. 

Doch auch uch das DiRUG birgt Schwächen. Durch seine partiellen Regelungen sind virtuelle Beurkundungen nur in Einzelfällen und nicht bei allen Gesellschaftsformen möglich. So kann eine GmbH zwar online gegründet werden – eine spätere Änderung des Gesellschaftsvertrags muss aber in Präsenz stattfinden. 

Die Pläne der neuen Regierung: Der Koalitionsvertrag

Langfristig ist die weitere Digitalisierung des Gesellschaftsrechts zu erwarten, wodurch zu hoffen bleibt, dass solche Schwächen ausgeglichen werden. Insbesondere die neue Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat sich die Digitalisierung auf die Fahnen geschrieben und plant weitere – bisher sehr knapp gehaltene – Schritte. So heißt es im Koalitionsvertrag: 

„Wir erleichtern die Gründung von Gesellschaften, indem wir die Digitalisierung des Gesellschaftsrechts vorantreiben und Beurkundungen per Videokommunikation auch bei Gründungen mit Sacheinlage und weiteren Beschlüssen erlauben. Wir ermöglichen dauerhaft Online-Hauptversammlungen und wahren dabei die Aktionärsrechte uneingeschränkt.“   

Man muss also davon ausgehen, dass es auch in Zukunft zu Veränderungen im Gesellschaftsrecht kommt, besonders in digitaler Hinsicht. Der Übergang von Analog auf Digital bei Gesellschaftsgründungen, -versammlungen und -beschlüssen wird dabei erfahrungsgemäß nicht reibungslos vonstattengehen. Deshalb stehen Ihnen die Experten für Gesellschaftsrecht von MKM bei diesen und weiteren gesetzlichen Änderungen mit Rat und Tat zur Seite.

Autorin: Tanja Linebach