VERGABERECHT: Neue Schwellenwerte seit 1. Januar

Bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen sind die Schwellenwerte für die Art und Weise des anzuwendenden Vergabeverfahrens maßgeblich. Die EU-Kommission bestimmt die EU-weit zu beachtenden Schwellenwerte bzw. passt sie regelmäßig an. Die Schwellenwerte wurden nun leicht erhöht.  

Schwellenwerte seit 01.01.2022 (die bisherigen Schwellenwerte in Klammern)

Bauaufträge (alle Bereiche):5.382.000 € (5.350.000 €)
Liefer- und Dienstleistungsaufträge
(außerhalb des Sektorenbereichs):
215.000 € (214.000 €)
Liefer- und Dienstleistungsaufträge der obersten
und oberen Bundesbehörden:
140.000 € (139.000 €)
Konzessionen (alle Bereiche):  5.382.000 € (5.350.000 €)
Liefer- und Dienstleistungsaufträge im Sektorenbereich
und im Bereich Verteidigung und Sicherheit:
431.000 € (428.000 €)
Es ist jeweils der Netto-Wert maßgeblich.

Bei den sozialen und besonderen Dienstleistungen bleibt es bei den Wertgrenzen von 750.000 € netto für öffentliche Auftraggeber und 1.000.000 € netto für Sektorenauftraggeber.

Geltungsdauer

Die neuen Schwellenwerte gelten für alle Vergabeverfahren, die ab dem 01.01.2022 von den öffentlichen Auftraggebern eingeleitet wurden. Alle zwei Jahre werden die Schwellenwerte durch die EU-Kommission geprüft und angepasst, sodass die jetzigen Schwellenwerte bis zum 31.12.2023 gelten.

Bedeutung

Ab dem Erreichen des Schwellenwertes ist der öffentliche Auftraggeber verpflichtet, ein europaweites Vergabeverfahren durchzuführen (= Oberschwellenvergabe). Maßgeblich ist der kalkulierte (zu erwartende) Netto-Auftragswert. Die ordnungsgemäße Ermittlung des geschätzten Auftragswertes ist für den öffentlichen Auftraggeber also eine wichtige Aufgabe.  Denn er hat das richtige Vergabeverfahren zu wählen und die einschlägigen Vorschriften zu beachten. Die Unterscheidung zwischen Ober- und Unterschwellenvergabe ist daher von entscheidender Bedeutung.

Im Oberschwellenbereich finden die Regelungen des GWB (§§ 97 bis 184 GWB) Anwendung. Je nach Art der auszuschreibenden Leistungen sind darüber hinaus weitere Regelungen zu beachten, z.B. die Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV), VOB/A-EU, SektVO, KonzVgV und VSVgV. Es kommt daher im Oberschwellenbereich auch maßgeblich darauf an, welche Art von Leistung ausgeschrieben werden soll.

Bei der Oberschwellenvergabe besteht für den Bieter die Möglichkeit, ein Nachprüfungsverfahren bei der zuständigen Vergabekammer einzuleiten, falls er der Auffassung ist, durch einen Vergaberechtsverstoß in seinen Rechten verletzt zu sein. Während der Durchführung des Nachprüfungsverfahrens darf die Vergabestelle in der Regel den Zuschlag nicht erteilen. Der Bieter kann sich also durch eine für ihn positive Entscheidung im Nachprüfungsverfahren die Chance auf den Zuschlag erhalten. Gegen eine Entscheidung der Vergabekammer kann das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde eingelegt werden. Es entscheidet dann das Beschwerdegericht, das ist das jeweils zuständige Oberlandesgericht bzw. in Bayern das Bayerische Oberste Landesgericht.

Bei Vergaben im Unterschwellenbereich findet dagegen grundsätzlich Haushaltsrecht Anwendung. Über Verweise in Bundes- und Landesverordnungen gelangt häufig die Unterschwellenvergabeverordnung (UVgO) zur Anwendung.

Im Unterschwellenbereich können Bieter die Zuschlagserteilung an einen anderen Bieter in der Regel nicht verhindern. Sie sind dann darauf angewiesen, gesondert etwaige Schadensersatzansprüche geltend zu machen, was sich wesentlich aufwendiger gestaltet.

Bei Fragen steht Ihnen das Vergaberechtsteam von MKM + Partner gerne zur Verfügung.


Autor: Ralph Weiss