Grundsteuerreform: Handlungsbedarf 2022 in Berlin

Die Grundsteuer ist jedem Grundstücks- oder Wohnungseigentümer ein Begriff. Auch für Mieter ist sie wichtig, denn sie zählt zu den umlagefähigen Nebenkosten. Spiegelbildlich ist sie eine der wichtigsten Einnahmenquellen der Städte und Gemeinden. 

Dass Reformbedarf bei der Grundsteuer bestand, war schon lange unbestritten. Zu einer Änderung kam es jedoch erst, als das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber durch ein Urteil im Jahr 2018 zur Neuregelung verpflichtete. Das Grundsteuergesetz, das Bewertungsgesetz und weitere relevante Nebengesetze wurden mittlerweile geändert – jetzt beginnt deren Umsetzung. 

Deshalb müssen Grundstücks- und Wohnungseigentümer dieses Jahr aktiv werden. Im Folgenden werden die Hintergründe der Änderung sowie der Handlungsbedarf vonseiten der Eigentümer erläutert. Besonders wird dabei auf die Neuregelung in Berlin eingegangen. 

Wie bisher wird bei der Grundsteuer zwischen Land- und Forstwirtschaftsflächen (Grundsteuer (A)) sowie sonstigem Grundvermögen (Grundsteuer (B)) unterschieden. In diesem Beitrag soll es aber nur um das sonstige Grundvermögen, also insbesondere Wohngrundstücke, Wohnungseigentum und Betriebsgrundstücke, gehen. 

Grund für die Gesetzesänderung 

Das Bundesverfassungsgericht erklärte das bisherige Grundsteuermodell mit Urteil vom 10.04.2018 für verfassungswidrig, da es gegen das Gleichheitsgebot verstieß – kein Wunder, denn die Grundsteuer wurde auf der Grundlage des sogenannten Einheitswerts berechnet, der auf Daten aus 1935 (in Ostdeutschland) und 1964 (in Westdeutschland) basierte. Seitdem hat sich politisch und wirtschaftlich viel geändert, dieses Verfahren konnte den aktuellen Wert der Grundstücke – und damit die Steuerbelastung – also nicht angemessen widerspiegeln. 

Das Bundesverfassungsgericht erlegte dem Gesetzgeber deshalb die Pflicht auf, ein neues Steuersystem bis zum Ablauf des Jahres 2024 umzusetzen. Der Gesetzgeber handelte und verabschiedete 2019 die neuen Regelungen zur Grundsteuer, welche ab dem 01.01.2025 angewendet werden. Bis dahin darf die Grundsteuer noch nach den alten Regelungen erhoben werden. 

Neufassung der bisherigen Regelungen in Berlin 

Die Grundsteuer wird in Zukunft nicht mehr bundeseinheitlich geregelt sein, da den Ländern die Möglichkeit eröffnet wurde, eigene Vorschriften zu erlassen. Davon hat unter anderem Bayern Gebrauch gemacht. In den meisten Bundesländern, so auch in Berlin, wird dagegen das Bundesmodell verwendet. 

Nach dem Bundesmodell wird die Grundsteuer wie folgt berechnet: 

Grundsteuer = Grundsteuerwert x Steuermesszahl x Hebesatz 

Maßgeblich für die Verfassungsmäßigkeit ist, dass die Höhe der Grundsteuer nicht mehr konstant bleibt, sondern alle sieben Jahre neu ermittelt wird. Zunächst ist der Stichtag für die Ermittlung der 01.01.2022. 

Grundsteuerwert 

Der bisherige Einheitswert wird im Bundesmodell durch den Grundsteuerwert ersetzt. Der Grundsteuerwert stellt den Wert des Grundstücks dar, der für die Bemessung der Grundsteuer entscheidend ist. Er ist je nachdem, ob es sich um ein unbebautes Grundstück, ein Wohngrundstück oder ein Geschäftsgrundstück handelt, unterschiedlich zu ermitteln. Auf die einzelnen Berechnungsmethoden kann aufgrund der Komplexität im Rahmen dieses Artikels nicht eingegangen werden. 

Steuermesszahl 

Die Steuermesszahl ist im Grundsteuergesetz festgelegt und kann nach Grundstücksart und Nutzungsart variieren. Aktuell beträgt die Steuermesszahl jeweils 0,34 Promille. Vergünstigungen gibt es z.B. für sozialen Wohnbau und Baudenkmäler. 

Hebesatz

Über die endgültige Höhe der Grundsteuer entscheiden die Gemeinden und Städte. Denn sie legen den Hebesatz fest, der auf ihrem Gebiet gelten soll. Die Gemeinden sollen ihren Hebesatz so anpassen, dass die durchschnittliche Steuerbelastung durch die Reform nicht verändert wird. Für einzelne Steuerzahler wird es aber durchaus Unterschiede geben. Festgesetzt werden die Hebesätze wohl erst in 2024, sodass erst dann eine Abschätzung der Höhe der Grundsteuer möglich ist.

Für sogenannte baureife Grundstücke in Ballungsgebieten können zudem höhere Hebesätze festgelegt werden, um die Spekulation mit Bauland zu erschweren (sog. Grundsteuer (C)). 

Was Eigentümer nun tun müssen

Bis zum 31.10.2022 müssen Betroffene eine elektronische Steuererklärung zur Grundsteuer abgeben. Erstmals möglich ist dies ist aber voraussichtlich erst ab Juli 2022. Bis dahin wollen die Steuerbehörden entsprechende Vordrucke und Informationsblätter erstellen.  

Voraussichtlich müssen je nach Grundstücksnutzung (und daher unterschiedlicher Berechnung des Grundsteuerwerts) in der Steuererklärung insbesondere folgende Angaben gemacht werden: 

Bei Wohngrundstücken und Wohnungseigentum: Grundstücksart, Grundstücksfläche, Bodenrichtwert, Wohnfläche, bei Wohnungseigentum der Miteigentumsanteil, Baujahr und ggf. Anzahl der Garagen-/Tiefgaragenstellplätze. 

Bei nicht oder nur teilweise zum Wohnen genutzten Grundstücken, insbesondere also gewerblich genutzten Grundstücken: Grundstücksart, Grundstücksfläche, Bodenrichtwert, bei Teileigentum der Miteigentumsanteil, Gebäudeart(en), Baujahr und Bruttogrundfläche(n). 

Bei unbebauten Grundstücken: Grundstücksart, Grundstücksfläche und Bodenrichtwert. 

In Berlin wird keine Einzelaufforderung zur Abgabe der Steuererklärung erfolgen, sodass Steuerpflichtige selbst an die Steuererklärung denken müssen. Die Stadt plant aber, die Bodenrichtwerte kostenlos online zur Verfügung zu stellen.

Bei zukünftigen Stichtagen (als nächstes der 01.01.2029) soll die Neubewertung weitgehend automatisiert ablaufen, sodass in der Regel keine erneute Steuererklärung erforderlich sein sollte. Das gilt natürlich nur, wenn sich keine Veränderungen ergeben haben, wie z.B. durch eine Nutzungsänderung oder eine andere Bebauung.

In der Pressemitteilung der Stadt Berlin finden Sie weitere Informationen zur Grundsteuerreform 2022 Berlin.


Autorin: Tanja Linebach (Rechtsanwältin)