Neue Pflichten bei der Werbung mit Preisermäßigung und Rabatten – Die Angabe des Referenzpreises

Die Werbung mit Preisermäßigungen, insbesondere mit durchgestrichenen Preisen, ist sowohl bei Unternehmen als auch bei Verbrauchern beliebt: Begrifflichkeiten wie Black Friday, SALE oder Restposten versprechen gute Schnäppchen. Der Missbrauch dieser Marketingwaffe in der Art, dass die Verkaufspreise vor der Preissenkung künstlich erhöht werden, um dann die Absenkung auf den vorherigen Preis als Lockmittel zu verwenden, scheint für viele Verkäufer verlockend zu sein – von den beliebten Mondpreisen ganz zu schweigen.

Doch schon jetzt ist es nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) als irreführende Preiswerbung anzusehen, wenn man einen besonderen Preisvorteil vorgaukelt. Präziser macht es § 5 Abs. 4 UWG, demnach vermutet wird, „dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist.“

Was ist neu?

Ab dem 28.05.2022 gilt die neue Preisangabenverordnung (PAngV), deren grundlegende Novellierung aufgrund der Umsetzung der sog. „Omnibus-Richtlinie“ (RL (EU) 2019/2161) auf der Hand lag. § 11 PAngV gibt nun mit dem Referenzpreis erstmals ein Mittel vor, das Verbrauchern die Möglichkeit verschaffen soll, Preisermäßigungen für Waren besser einordnen zu können. Zugleich dient § 11 PAngV dazu, nur kurzzeitige Preisermäßigungen sowie den Bezug zu niemals verlangten Altpreisen zu erschweren.

Der Grundfall lautet nach § 11 Abs. 1 PAngV: „Wer zur Angabe eines Gesamtpreises verpflichtet ist, hat gegenüber Verbrauchern bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung für eine Ware den niedrigsten Gesamtpreis anzugeben, den er innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet hat.“ Die neue Norm lässt einige Fragen offen, die im Folgenden kurz angerissen werden sollen.

Wer ist verpflichtet?

Es ist jeder betroffen, der zur Angabe eines Gesamtpreises verpflichtet ist. Das gilt natürlich für den klassischen Warenabsatz online wie offline und umfasst auch Anbieter von loser Ware, Grundstücken sowie sonstigen Wirtschaftsgütern wie z.B. Strom, Wasser, Fernwärme, Gas und Waren mit digitalen Elementen. Für Dienstleistungen gilt § 11 PAngV hingegen ebenso wenig wie im Bereich B2B.

Welche Preisnachlässe sind relvant?

Eine Preisermäßigung nach der Verordnung ist eine betragsmäßige oder prozentuale Herabsetzung des Gesamt- oder Grundpreises für eine Ware im Vergleich zu einem vorher verlangten Gesamt- oder Grundpreis aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung. Demnach stellen weder die gesetzliche Herabsetzung des jeweils geltenden Umsatzsteuersatzes noch der Bezug auf die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers („UVP“) einen Preisnachlass in diesem Sinne dar. Nach § 11 Abs. 4 PAngV sind individuelle Nachlässe im Einzelfall sowie unter Umständen solche für verderbliche Ware ebenfalls nicht tatbestandsmäßig.

Eine Bekanntgabe der Ermäßigung liegt in der Gegenüberstellung mit Betragsangaben (z.B. „Statt 50 € jetzt nur noch 29 €“), in der Angabe von gesparten Prozenten („-25%“) oder in den beliebten Streich-Preisen („119,- € 99,- €“). Wer ein Produkt erstmals ins Sortiment aufnimmt und mit einem Preis versieht, kann logischerweise keinen Referenzpreis angeben. Auch derjenige, der nur einen ermäßigten Preis (z.B. „Knallerpreis“, Tiefpreis“) angibt, aber keinen höheren gegenüberstellt, muss keinen Referenzpreis angeben. Ebenso sind Kundenkartenrabatte sowie Verkaufsaktionen wie „Zwei zum Preis von einem“ ausgenommen, da keine echte Preisermäßigung des einzelnen Exemplars vorliegt. Hiermit sind Wege aufgezeigt, die Anwendung des § 11 PAngV zu verhindern.

Was ist genau anzugeben?

Es muss der „niedrigste Gesamtpreis“ angegeben werden, den der Unternehmer innerhalb der letzten 30 Kalendertage vor Preisermäßigung tatsächlich verlangt hat. Bei der Nutzung mehrerer Vertriebskanäle (z.B. Verkauf im eigenen Onlineshop und auf Amazon) ist derjenige maßgeblich, auf dem die Preisermäßigung angewendet wird. Ähnliches gilt im Hinblick auf unterschiedliche Abpackungen, hier ist nur die jeweilige Packungsgröße zu betrachten.

Bei der Werbung mit „Statt“-Preisen muss der durchgestrichene Preis der niedrigste Referenzpreis im Sinne von § 11 PAngV sein. Keine grundsätzliche Erleichterung gilt nach dem Willen des Gesetzgebers für Aktionen wie z.B. „20% auf alles“ oder „20% auf alle Elektroartikel“. Auch bei Preisermäßigungen auf ganze Produktgruppen oder Sortimente muss jeweils der niedrigste Preis der letzten 30 Tage bei der jeweiligen Ware erkennbar sein. Wenn allerdings die Aktion insgesamt wie oben geschildert beworben wird und die Auszeichnung der Ware den niedrigsten Preis im Sinne von § 11 PAngV nennt, kann man sich eine Neuetikettierung der betroffenen Waren sparen – der Abzug des Rabatts erfolgt dann ja an der (virtuellen) Kasse.

Wenn allerdings ein Preisabzug direkt beim Produkt erfolgt, also zum konkreten Artikel der herabgesetzte Preis und daneben z.B. „-20%“ angezeigt werden, ergibt sich für den Händler eine zusätzliche Informationspflicht: Hier ist noch in unmittelbarer Nähe zum Endpreis der niedrigste Preis der letzten 30 Tage als „vorheriger Preis“ oder „zuvor“ anzugeben.

Eine gewisse Erleichterung gilt unter den Bedingungen des § 11 Abs. 2 PAngV z.B. für Räumungsverkäufe oder beim Verramschen absoluter Saisonware: Der Unternehmer kann bei aufeinanderfolgenden regelmäßigen Preisermäßigung immer den ursprünglichen, nicht ermäßigten Preis nennen – ein Missbrauch dieser Regelung, deren Grenzen noch abgesteckt werden müssen, ist absehbar.

Welche Folgen drohen bei fehlender Umsetzung?

Die Nichteinhaltung von Vorschriften wie die der PAngV zieht die Klassiker nach sich: zum einen handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit (§ 20 PAngV i.V.m. § 3 WiStrG), die eine Geldbuße in Höhe von bis zu 25.000 € zur Folge haben kann. Zum anderen liegt in der Missachtung von § 11 PAngV ein Wettbewerbsverstoß, der zur Abmahnung und den entsprechenden Weiterungen führen kann – wenn auch unter Onlinehändlern unter den eingeschränkten Bedingungen des § 13 Abs. 4 UWG (siehe hierzu unseren Beitrag zum „Abmahnwellenbrecher“. Im Streitfall muss derjenige, der mit der Preisherabsetzung geworben hat, darlegen und beweisen, ob und in welchem Zeitraum ein Preis gefordert wurde.

Autor: Andree Hönninger – Rechtsanwalt / Fachanwalt für IT-Recht