Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes zur Lohnungleichheit – Ein Meilenstein

In einer bahnbrechenden Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) über den Grundsatz Equal Pay bei Männern und Frauen entschieden. Allein die Begründung des Arbeitgebers, die bessere Bezahlung eines männlichen Mitarbeiters basiere auf dem Umstand, er habe im Rahmen des Einstellungsgespräches besser verhandelt als die weibliche Mitarbeiterin, reicht nach Ansicht des BAG nunmehr nicht mehr aus.

Entscheidung des BAG

In seiner Entscheidung vom 16. Januar 2023 – Az.: 8 AZR 450/21 hatte das BAG entschieden, dass gleiche Bezahlung nicht wegverhandelt werden darf. Bisher wurde nur eine Pressemitteilung des BAG veröffentlicht, die konkrete Urteilsbegründung steht noch aus. Es bleibt daher abzuwarten, inwiefern das BAG eine ungleiche Bezahlung aufgrund anderer Aspekte, wie höherer Qualifikationen oder einer längeren Berufserfahrung zulässt. 

Sachverhalt

Der Entscheidung des BAG lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin, eine Vertriebsmitarbeiterin eines Metallunternehmens in Meißen war seit dem 01. März 2017 in dem Unternehmen beschäftigt. Im Rahmen des Einstellungsgespräches wurde zwischen der Klägerin und der Beklagten, dem Arbeitgeber, ein Grundgehalt i.H.v. 3.500 € brutto ausverhandelt. Ab August 2018 richtete sich die Vergütung der Klägerin nach dem Haustarifvertrag. In dem Haustarifvertrag wurde u.a. geregelt, dass eine Anpassung des Gehaltes um nicht mehr als 120,- € brutto in dem Zeitraum von 2018 bis 2020 erfolgt, wenn das neue tarifliche Grundgehalt das bisherige tarifliche Entgelt überschreitet. Infolge dessen wurde der Klägerin ab dem 1. August 2018 ein Grundgehalt i.H.v. 3.620 € brutto bezahlt, welches in jährlichen Schritten weiter abgehoben wurde. Bei der Beklagten waren als Außendienstmitarbeiter auch noch zwei männliche Mitarbeiter beschäftigt, einer davon seit dem 01. Januar 2017. Er wurde daher nur wenige Wochen vor der Klägerin eingestellt. Diesem Mitarbeiter wurde seitens der Beklagten im Einstellungsgespräch ein Bruttomonatsgehalt i.H.v. 3.500 € angeboten, was er jedoch ablehnte und vielmehr ein Bruttomonatsgehalt i.H.v. 4.500 € bis zum 31. Oktober 2017 aushandelte. Von November 2017 bis Juni 2018 erhielt der Arbeitnehmer, wie auch die Klägerin ein Grundgehalt von 3.500 €, zzgl. einer leistungsabhängigen Zusatzvergütung. Im Juli 2018 wurde sein Grundgehalt auf 4.000 € erhöht.

Mit der Klage begehrte die Klägerin die Zahlung rückständiger Vergütung für die Zeiträume von März bis Oktober 2017 i. H. v. 1.000 € und für den Monat Juli 2018 i. H. v. 500 € sowie rückständiger Vergütung für den Zeitraum von August 2018 bis Juli 2019 i.H.v. monatlich 500 €. Sie war der Auffassung, ihr sei ein ebenso hohes Grundentgelt zu zahlen, wie dem fast zeitgleich eingestellten männlichen Kollegen, der die gleiche Arbeitstätigkeit verrichtet, wie sie. Die Arbeitnehmerin sah darin eine Benachteiligung aufgrund ihres Geschlechts und forderte deshalb zusätzlich eine Entschädigungszahlung i.H.v. mindestens 6.000 €. 

Entscheidung der Vorinstanzen

Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Der männliche Mitarbeiter sei nur zu einem höheren Gehalt dazu bereit gewesen, die Arbeitsstelle anzunehmen. Die Gehaltsunterschiede in dem Unternehmen seien nach Ansicht der Vorinstanzen damit gerechtfertigt, dass das Unternehmen ein berechtigtes Interesse an der Mitarbeitergewinnung hatte und dem Mitarbeiter aufgrund dessen ein anfänglich höheres Gehalt auszahlte.

Begründung des BAG

Die Klägerin legte Revision bei dem BAG ein und hatte dort ganz überwiegend Erfolg. Nach Ansicht des BAG habe die Beklagte die Klägerin aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt, indem sie ihr ein deutlich niedrigeres Gehalt als den männlichen Kollegen ausgezahlt hatte, obwohl sie die gleiche Arbeit, wie der männliche Mitarbeiter verrichtete. Den Anspruch auf das gleiche Grundentgelt ergebe sich aus Art. 157 AEUV, §§ 3 Abs. 1, 7 EntgTranspG. Nach Art. 157 Abs. 1 AEUV muss jeder Mitgliedstaat die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicherstellen. Gemäß § 3 Abs. 1 EntgTranspG ist bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit eine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts im Hinblick auf sämtliche Entgeltbestandteile und Entgeltbedingungen verboten. Nach Ansicht des BAG begründet der Umstand, dass die Klägerin für die gleiche Arbeit wie ihre männlichen Kollegen ein niedrigeres Gehalt erhalten hat, die Vermutung, dass eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts erfolgt ist. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, die ungleiche Bezahlung ergebe sich aus dem Umstand, dass der männliche Kollege ein höheres Entgelt ausgehandelt habe. Einer Frau steht auch dann ein Anspruch auf gleiche Bezahlung zu, wenn der männliche Kollege sein Gehalt besser verhandelt hat.

Die Klägerin hat daher einen Anspruch auf Nachzahlung der Differenzvergütung. Weiterhin hat das BAG der Klägerin eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG wegen der Benachteiligung aufgrund des Geschlechts i.H.v. 2.000 € zugesprochen.   

Fazit

Noch immer verdienen Frauen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen in vergleichbaren Positionen deutlich weniger. Die Entscheidung des BAG ist ein weiterer Schritt, um die Lohngleichheit zwischen Männern und Frauen voranzubringen. Denn die bisherigen nationalen Gesetze, wie z.B. das EntgTranspG weisen zum Teil noch große Lücken auf. So sieht das EntgTranspG beispielsweise keine Sanktionen, wie die Zahlung von Bußgeldern im Falle eines Gesetzesverstoßes vor.

Da das Thema Lohngleichheit jedoch immer bedeutsamer wird, arbeitet u.a. auch die Europäische Union (EU) derzeit an einer Richtlinie, um die Lohnungleichbehandlung zwischen Männern und Frauen zu schließen. Der bisherige Richtlinienentwurf der EU sieht auch einen Auskunftsanspruch vor, wonach Beschäftigte einen Anspruch auf Auskunft über den Durchschnittslohn der anderen Mitarbeitenden erhalten sollen, aufgeschlüsselt nach Geschlecht und vergleichbarer Tätigkeit. Bereits am 29. März 2023 soll in dem Plenum des EU-Parlaments über diese Richtlinie abgestimmt werden. Sobald dies geschehen ist, wird die Richtlinie zeitnah veröffentlicht und tritt 20 Tage danach in Kraft. Die Mitgliedsstaaten sollen dann drei Jahre Zeit haben, die Anforderungen in nationales Recht umzusetzen.

Unternehmen sollten sich frühzeitig Gedanken über Lohntransparenz machen und sich darauf einstellen, dass die Löhne in ihrem Unternehmen in den nächsten Jahren transparenter werden.  

Autorin: Vivien Demuth (Rechtsanwältin)