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ChatGPT – Rechtliche Herausforderungen im KI-Zeitalter

Manch einer witzelt, man solle doch erst einmal die natürliche Intelligenz stabilisieren, bevor man sich an die künstliche wagt. Davon abgesehen ist die Entwicklung der künstlichen Intelligenz (KI, AI) nicht aufzuhalten. Mehr noch: Sie hat in der letzten Zeit dermaßen an Fahrt aufgenommen, dass es vielen Beobachtern schwindelig wird. Wir können im Augenblick nur vermuten, wie sich unser Leben in den nächsten Jahren aufgrund des Fortschritts verändern wird. Und wie meist hinkt die Rechtsordnung der technischen Entwicklung meilenweit hinterher.

Gerade ChatGPT („Chat Generative Pre-trained Transformer“), der selbstlernende Chatbot von OpenAI, ist aus der Sicht vieler Unternehmern schon jetzt sehr attraktiv – wir sparen uns an dieser Stelle, die KI-Anwendung näher zu beschreiben. Die Entwicklung des Tools gipfelte kürzlich in der Version 4.0, die nicht mehr kostenfrei, aber dafür noch wesentlich leistungsfähiger sein soll. Es ist höchste Zeit, die rechtlichen Probleme beim Einsatz von ChatGPT zu beleuchten, da vor dem Einsatz von KI-gestützten Tools Haftungs- und anderen Fragen geklärt werden sollten.

Die Sache mit dem Copyright

Zum Einstieg lohnt sich der Blick auf eine naheliegende Schwierigkeit, die sich bei näherer Betrachtung in zwei Unterprobleme aufteilt: Zum einen muss man sich fragen, ob man bei der Verwendung der automatisch generierten Texte nicht zumindest teilweise das Urheberrecht eines Dritten verletzt. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass sich im Text – wenn auch zufällig – Passagen befinden, die wortgleich bereits anderweitig veröffentlicht sind. Zum anderen sollte der Verwender wissen, dass es zumindest nach dem bisherigen Stand der Diskussion schwierig wird, andere Dritte von der Verwendung der eigens generierten Texte abzuhalten – denn sie sind in der Regel keine urheberrechtlich geschützten Werke, da sie nicht durch einen Menschen geschaffen wurden. Wer also ein kreatives Marketing betreibt und dazu KI-Texte verwendet, sollte bei schmissigen Slogans aus der KI-Küche gleich an Markenschutz denken, um sich abzusichern.

Probleme mit Datenschutz und Geschäftsgeheimnissen

Bekannterweise sperrte die italienische Datenschutzbehörde ChatGPT kurzerhand, auch in anderen Ländern steht die Anwendung auf dem Prüfstand. Die deutsche Datenschutzkonferenz (DSK), bestehend aus den Landes- und dem Bundesbeauftragten für Datenschutz, prüfen noch eingehend, wie sie sich zum Verhältnis von ChatGPT zur DSGVO positionieren sollen.

Was es den Datenschützern so schwer macht, ist, dass die KI trotz anderslautender Bekundungen (Stichwort: OpenAI) überwiegend eine intransparente Blackbox ist. Von außen ist der Algorithmus nicht zu durchschauen, Quellen und Verwendungen von enthaltenen personenbezogenen Daten bleiben unklar. Eine relativ offensichtliche Hürde, die Datenschutz-Folgeabschätzung, die nach nach Art. 35 DGSVO bei einer solch bahnbrechenden Technik obligatorisch ist, muss eigentlich vor der erstmaligen Datenverarbeitung genommen werden – das gilt übrigens auch für den Anwender!

Angesichts der unklaren Verwendung der Daten durch OpenAI sollte auch tunlichst davon abgesehen werden, Geschäftsgeheimnisse für ChatGPT zugänglich zu machen: Zum einen können die Informationen dadurch den Schutzstatus nach dem GeschGehG verlieren, zum anderen ist eine Aneignung der Geheimnisse durch Dritte durchaus denkbar. Vor der erstmaligen Verwendung der KI-Unterstützung sowie in regelmäßigen Abständen sollten Mitarbeiter zu diesen Gefahren zwingend geschult werden.

Unternehmen sollten nicht vergessen, dass ChatGPT sekündlich mit Daten gefüttert wird und nicht selten auch wieder welche ausspuckt. Unternehmen, die KI-gestützt arbeiten möchten und solche Anbieter verwenden, sollten es grundsätzlich vermeiden, in solche Systeme personenbezogene Daten über Mitarbeiter, Kunden etc. einzugeben – insbesondere besonders geschützte Daten i.S. des Art. 9 DSGVO. Sollte es dennoch zu Datenschutzverletzungen kommen, drohen Geldbußen sowie die Geltendmachung von Ansprüchen durch Betroffene. Im Augenblick sollte der Blick fortwährend den Veröffentlichungen der Datenschutzbehörden gelten: Wird die Nutzung von ChatGPT auch hierzulande untersagt, ist die gleichwohl fortgesetzte Nutzung bereits Grund genug für eine Haftung.

Es menschelt – die rechtsverletzende Maschine

Die Maschine lernt letztlich vom menschlichen Verhalten. Es bedarf keiner großen Lebenserfahrung, um zu wissen, dass eine stark angepasste KI in der Lage ist, nicht nur moralisch verwerfliche, sondern auch strafwürdige Texte von sich zu geben. Wie man festgestellt hat, kann ChatGPT nicht nur versehentlich Unwahres verfassen, sondern auch bewusst lügen, um gesteckte Ziele zu erreichen. Die Komplexität heutiger Anforderungen an Political Correctness kommt erschwerend hinzu, wenn man als Unternehmen mit Formulierung nach außen auftritt: diskriminierende Äußerungen werden schnell publik, der Ruf wird mitunter irreparabel geschädigt.

Wenn man ChatGPT zum Thema Diskriminierung befragt, kommt die richtige Antwort, dass das KI-Sprachmodell gar nicht in der Lage ist, jemanden zu diskriminieren – es fehlt schlicht an einer Täterschaft. Die Organisation, die KI-Technologie einsetzt, beißen dann aber am Ende die sprichwörtlichen Hunde. Zu empfehlen ist daher, den Einsatz von KI damit zu vergleichen, dass man mit seinen Kindern irgendwo zu Besuch ist: man muss schon aufpassen, was sie erzählen. Umgesetzt bedeutet das, dass es eben Menschen als Aufpasser geben muss, die den Einsatz der KI in nicht zu großen Abständen evaluieren und jede Möglichkeit nutzen, um schädlichen Output im Ansatz zu verhindern. Gleichzeitig ist das Risiko von Rufschädigung, Geldbußen und Ansprüchen Dritter vor dem Einsatz von KI eingehend zu bewerten und der Nutzen vor dem Hintergrund möglicher Rechtsverletzungen ganz bewusst abzuwägen.

Blick in die Zukunft

In den nächsten Jahren wird die gesamte Riege der Gewaltenteilung auf die technische Entwicklung reagieren müssen: Die Gesetzgebung hat nicht die Zeit für lange ethische Diskussionen, zu groß sind die rechtlichen Unsicherheiten für die Anwender und die Betroffenen. Die Behörden versuchen derweil mit dem gegebenen Handwerkszeug, insbesondere dem Schwert des Datenschutzes, bedenklichen Entwicklungen zu begegnen – die Reichweite der Maßnahmen ist erfahrungsgemäß allerdings eher begrenzt. Nach einem zu langen Zeitraum werden dann Gerichte in vielen Einzelfällen zu einer gewissen Rechtssicherheit beitragen. Die Geschichte zeigt indes, dass alle staatlichen Maßnahmen vieles können, nur eines nicht: den Fortschritt aufhalten.

Bleiben Sie mit uns immer auf dem neuesten Stand der Entwicklungen. Vertrauen Sie auch in Sachen künstlicher Intelligenz lieber den Menschen von MKM.


Autor: Andree Hönninger (Rechtsanwalt I Fachanwalt für IT-Recht)

Abmahnwelle Google Fonts – Kein Anspruch auf Schadensersatz

Das Landgericht München I befand in seinem Urteil vom 20.01.2022, Az. 3 O 17493/20, dass die automatische Übermittlung von IP-Adressen bei der Nutzung des Dienstes Google Fonts ohne vorherige Einwilligung rechtswidrig ist, und sprach dem Kläger unter anderem Schadensersatz in Höhe von 100,00 € zu.

Anschließend brach in Deutschland eine regelrechte Abmahnwelle los. Die betroffenen Unternehmen wurden mittels anwaltlicher Abmahnung aufgefordert eine Unterlassungserklärung abzugeben und einen Betrag von 170,00 € als Schadensersatz zu zahlen.

Wir haben unseren Mandanten und Kunden geraten, die Abmahnungen zu ignorieren, da wir diese für unbegründet hielten. Unsere Auffassung wurde nun durch das Landgericht München I durch Urteil vom 30.03.2023, Az. 4 O 13063/22, bestätigt. Ob dieses Urteil rechtskräftig ist, ist jedoch nicht bekannt.

Kein Anspruch auf Unterlassung

Das LG München I stellt im Wege der negativen Feststellungsklage zunächst fest, dass seitens der Abmahner kein Anspruch auf Unterlassung besteht, da die rechtlichen Voraussetzungen für einen solchen Unterlassungsanspruch im konkreten Fall nicht vorlagen. Dabei urteilte das Gericht – aufgrund der ursprünglichen Entscheidung vom 20.01.2022 wenig überraschend – fest, dass die dynamische Einbindung von Google Fonts gegen das Datenschutzrecht verstößt, wenn die Webseitenbesucher nicht vorab in die Übermittlung der IP-Adresse an Google einwilligen.

Jedoch erkennt das LG München I, dass es an der erforderlichen konkreten Betroffenheit des Abmahnenden fehlte. Das Gericht merkte an, dass der Abmahnende die Webseiten der abgemahnten Unternehmen nicht selbst besuchte, sondern vielmehr einen Web-Crawler einsetzte, um solche Webseiten aufzufinden, die Google Fonts dynamisch eingebunden hatten. Das Gericht führt hierzu prägnant aus:

„Wer Websites gar nicht persönlich aufsucht, kann persönlich auch keine Verärgerung oder Verunsicherung über die Übertragung seiner IP-Adresse an die Fa. Google in den USA verspüren.“

Selbst wenn der Abmahner jedoch tatsächlich alle Webseiten der Abgemahnten Unternehmen selbst besucht hätte, so wären die Voraussetzungen des Unterlassungsanspruch nach der Ansicht des LG München I dennoch nicht gegeben. Hier begründet das Gericht, dass jemand, der gezielt eine Situation aufsuche, bei der eine Persönlichkeitsverletzung droht, um direkt im Anschluss daraus eigene Ansprüche zu begründen, gerade nicht schutzbedürftig ist.

Zudem erkannte das Gericht fest, dass die Abmahnungen allein der Gewinnerzielungsabsicht dienten und es dem Abmahner gerade nicht um das Aufzeigen und das Verfolgen eines datenschutzrechtlichen Missstands ging. Auch hier wird das Gericht in seiner Formulierung deutlich:

„Das Gericht erachtet es für kaum denkbar, dass eine Privatperson nur aus Verärgerung über einen aus ihrer Sicht gegebenen und weit verbreiteten Datenschutzverstoß von Website-Betreibern den mit der Versendung von mindestens 100.00 Abmahnschreiben verbundenen Aufwand auf sich nehmen wird, nur um auf den von ihm gesehenen Missstand beim Datenschutz aufmerksam zu machen.“

Da die Abmahnung jedenfalls rechtsmissbräuchlich erfolgte, konnte sich das Gericht weitere Ausführungen zum Unterlassungsanspruch sparen.

Kein Anspruch auf Schadensersatz

Der Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 170,00 € besteht nach Ansicht des Gerichts aus den vorgenannten Gründen ebenfalls nicht. In der Rechtsprechung ist derzeit umstritten, ob Angstgefühle bzw. Verunsicherungen für sich genommen ausreichen, um einen entsprechenden Anspruch nach Art. 82 DSGVO zu begründen. Im konkreten Fall kommt es nach Ansicht des LG München I auf die Klärung dieser Rechtsfrage gar nicht an, da der Abmahner durch den Einsatz eines Webcrawlers nicht in seinen Gefühlen verletzt werden konnte. Das Gericht führt hierzu aus:

„Wer gar nicht weiß, welche Websites „in seinem Namen“ besucht werden, kann sich überhaupt nicht individuell Gedanken dazu machen, dass ihm aus der Übertragung seiner IP-Adresse Unannehmlichkeiten entstehen könnten.“

Im Übrigen wäre auch ein Anspruch auf Schadensersatz aufgrund wegen des Rechtsmissbrauchs ausgeschlossen.

Fazit

Das LG München I hat die Abmahnwelle mit seinem Urteil vom 20.01.2022 mutmaßlich losgetreten und mit Urteil vom 30.03.2023 nicht nur die Google Fonts Abmahnwelle endgültig beendet, sondern die Hürden für Massen-Abmahnungen im Datenschutzrecht sehr hoch gesetzt.Auch wenn der dynamische Einsatz von Google Fonts ohne Einwilligung rechtswidrig ist, können Abmahnende hierdurch nicht „an das schnelle Geld“ gelangen, indem massenhaft (nach Angaben des Prozessvertreters der „IG Datenschutz“ übrigens eine „niedrige sechsstellige Zahl“) versendet werden.

Autor: Fabian Dechent (Rechtsanwalt)

Wir beschweren uns – aber wo? Meldesysteme nach LkSG und HinSchG

1. Hintergrund


Das Thema ESG (Environment, Social, Governance) wird gesellschaftlich immer wichtiger. Darauf reagiert auch der Gesetzgeber, weshalb im Jahr 2023 zwei (mit immensem bürokratischem Aufwand verbundene) Gesetze zur Stärkung von Nachhaltigkeit und Compliance in Kraft treten.

Bereits seit dem 01.01.2023 gilt das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (kurz Lieferkettengesetz oder LkSG). Es soll für Transparenz und nachhaltige, faire Arbeitsbedingungen sorgen, indem große Unternehmen Verantwortung für die Menschenrechte und Umwelt nicht nur im eigenen Geschäftsbereich, sondern auch in ihrer Lieferkette übernehmen – d. h. auch außerhalb Deutschlands. Teil dieser Verantwortung ist ein Beschwerdesystem, bei dem eigene Mitarbeiterinnen, Lieferantinnen und deren Mitarbeiterinnen Verstöße gegen die Vorgaben des LkSG melden können, so z. B. bei unsicheren Arbeitsbedingungen.

Ebenfalls 2023, jedoch voraussichtlich erst im Mai oder Juni, tritt das Hinweisgeberschutzgesetz (kurz HinSchG) in Kraft. Hierdurch sollen sog. Whistleblowerinnen, die auf bestimmte Missstände in Unternehmen und Behörden aufmerksam machen, geschützt werden. Dafür müssen alle verpflichteten Stellen Meldestellen und -kanäle einrichten, über die Whistleblowerinnen Hinweise abgeben können, z. B. zu Korruptionsfällen.

Beide Gesetze erfordern es also, eine zuständige Stelle und (technische) Möglichkeiten zur Abgabe von bestimmten Meldungen einzurichten. Dieser Beitrag soll sich dem Thema widmen, ob man die Anforderungen des LkSG und des HinSchG gemeinsam umsetzen kann, oder ob zwei separate Meldesysteme eingerichtet werden müssen. Dazu sollen einige ausgewählte Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Regime analysiert werden.

2. Gemeinsamkeiten und Unterschiede

2.1. Verpflichtete Stellen

Die beiden Gesetze unterscheiden sich bereits bei der Größenordnung der Unternehmen, die betroffen sind. Während das LkSG nur vergleichsweise große Unternehmen trifft (aktuell mit 3.000 Mitarbeiterinnen, ab 2024 mit 1.000 Mitarbeiterinnen), sind nach dem HinSchG bereits deutlich kleinere Unternehmen verpflichtet (bei Inkrafttreten mit 250 Mitarbeiterinnen, ab Dezember 2023 mit 50 Mitarbeiterinnen). Aber Achtung: Die Mitarbeiterzahlen werden unterschiedlich berechnet. Da beim LkSG die Mitarbeiterinnen des Konzerns zusammengezählt werden, ist dieser Schwellenwert ggf. schneller erreicht als gedacht. Beim HinSchG kommt es jedoch auf die einzelne Rechtseinheit an – dann muss aber auch jedes Unternehmen im Konzern, das diese Grenze überschreitet, eine Meldestelle einrichten.

2.2. Sachlicher Anwendungsbereich

Auch hinsichtlich des sachlichen Anwendungsbereichs ergeben sich Unterschiede. Beide Gesetze sehen einen abgeschlossenen Katalog an zulässigen Themenbereichen vor, zu denen Meldungen gemacht werden können. Diese Kataloge überschneiden sich nur teilweise (z.B. beim Thema Mindestlohn). Da die Sachbearbeiterin aber ohnehin überprüfen muss, ob das von der Melderin angegebene Rechtsgebiet zutrifft und ob es in den sachlichen Anwendungsbereich des jeweiligen Gesetzes fällt, steht dies einer gemeinsamen Meldestelle nicht entgegen.

2.3. Meldende Personen

Beide Gesetze sprechen als Whistleblowerin bzw. Beschwerdeführerin nicht jedermann an, sondern nur diejenigen, die im beruflichen Kontext Informationen von Verstößen gegen die betroffenen Rechtsnormen erfahren.

Während das Beschwerdesystem nach LkSG jedoch auch außerhalb des Unternehmens zugänglich sein muss – insbesondere für die Mitarbeiterinnen in der Lieferkette –, reicht es für das Hinweisgebersystem aus, wenn der Zugang nur intern ermöglicht wird, z.B. über das Intranet. Es ist jedoch empfehlenswert, auch hier das Meldesystem für Lieferantinnen zu öffnen – da diese sonst gezwungen wären, extern bei einer Behörde zu melden.

2.4. Personal

In beiden Fällen müssen die Sachbearbeiterinnen, die mit den Hinweisen befasst sind, unabhängig agieren können. Andere Aufgaben dürfen nicht zu Interessenskonflikten führen. D.h. sie dürfen im Fall des LkSG insbesondere nicht Teil des Einkaufs sein, da dort originär Probleme mit der Lieferkette angesiedelt sind. Besser ist es, die Meldestelle bei der Compliance-Abteilung anzusiedeln. Besteht eine solche nicht, bietet sich z.B. die Datenschutzbeauftrage als Zuständige an, da sie bereits eine ähnlich unabhängige Stellung im Unternehmen einnimmt. Zudem müssen die Mitarbeiterinnen über die nötige Fachkunde zur Bearbeitung von Hinweisen bzw. Beschwerden verfügen, also entsprechend geschult werden.

2.5. Verfahrensablauf

Bei beiden Gesetzen muss die meldende Person nach einer gewissen Zeit eine Eingangsbestätigung erhalten. Sofern dies nicht aufgrund einer anonymen Meldung ausgeschlossen ist, muss der Kontakt mit ihr aufrechterhalten werden, während der Sachverhalt geprüft wird. Beim HinSchG ist zudem zwingend nach drei Monaten eine Mitteilung über getroffene Folgemaßnahmen erforderlich.

In beiden Meldeverfahren ist die Vertraulichkeit ein zentraler Leitsatz. Das HinSchG bezweckt den Schutz von Hinweisgeberinnen – und das vor allem auch durch den Schutz ihrer Identität. Deshalb sind in Deutschland sogar anonyme Meldungen zulässig. Doch auch nach dem LkSG sollen die Beschwerdeführerinnen vor Benachteiligungen geschützt werden. Während anonyme Meldungen nach LkSG nicht zwingend vorgesehen sind, empfiehlt sich deshalb auch hier die Möglichkeit der Anonymität.Nach LkSG soll eine Verfahrensordnung veröffentlicht werden, dies ist beim HinSchG dagegen nicht erforderlich. Nichtsdestotrotz muss adäquat über das Verfahren informiert werden, ebenso ist eine zumindest interne Verfahrensanweisung sinnvoll, um den geordneten Ablauf der Hinweisbearbeitung zu gewähren.

3. Fazit


Wenn ein Unternehmen sowohl nach LkSG als auch nach HinSchG verpflichtet ist, ergibt eine gemeinsame Umsetzung der Beschwerdesysteme Sinn. So wird nicht nur der organisatorische und technische Aufwand der verantwortlichen Stelle geringer gehalten, sondern auch bei Whistleblowerinnen und Beschwerdeführerinnen Verwirrung und Unübersichtlichkeit vermieden. Um die Anforderungen beider Gesetze zu erfüllen, sollte man sich bei der Umsetzung dafür jeweils an den strengeren Vorgaben orientieren. Da jedoch verschiedene sachliche Anwendungsbereiche und eine unterschiedliche Bearbeitung der Meldungen vorgesehen sind, müssen getrennte Verfahrensabläufe organisiert werden. Auch für kleinere Unternehmen kann es sinnvoll sein, die Hinweisgebermeldekanäle für Beschwerden nach LkSG zu öffnen. So können sie nicht nur Probleme frühzeitig erkennen, sondern auch gegenüber den eigenen (potentiell nach LkSG verpflichteten) Kunden signalisieren, dass sie menschenrechts- und umweltbezogene Aspekte ernst nehmen. Dabei müssen sie jedoch nicht alle Voraussetzungen des LkSG erfüllen, sondern können sich nach dem HinSchG richten.

Neue Verordnung zum Geoblocking

Mit der Verordnung (EU 2018/302) hat das Europäische Parlament Regelungen zum Verbot der Beschränkung aus Gründen der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden getroffen.

Was ist Geoblocking?

Beim Geoblocking verwehrt ein Anbieter einem Kunden, der aus einem anderen Mitgliedstaat der EU stammt und grenzüberschreitende Geschäfte tätigen möchte, den Zugang zur Online-Benutzeroberfläche, wie zum Beispiel einer Internetseite.

Somit ist jede Form die den Kunden auf Grund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung beschränkt, als Geoblocking zu sehen.

Was muss man beachten?

Mit der Verordnung wird es den Betreibern von Online-Shops untersagt, den Kunden auf Grund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes seiner Niederlassung durch technische Mittel (oder auf anderem Wege) zu sperren oder zu beschränken. Konkret bedeutet dies, dass der Anbieter den Kunden nicht Anhand der IP-Adresse, GPS Daten oder anderen den Ort (= geografische Lage) bestimmenden Parametern einschränken darf.

So muss der Anbieter, der einen Kunden auf eine andere Länderseite oder mobile Anwendung umleiten will, welche sich von der unterscheidet (z.B. durch Sprache oder Layout) auf die der Kunde ursprünglich zugreifen wollte, dessen Zustimmung einholen und ihm die Möglichkeit einräumen, wieder auf die Ursprungsseite zurückzugelangen.

Außerdem wird es dem Online-Händler untersagt, bei Kunden aus den oben genannten Gründen für unterschiedliche Regionen unterschiedliche allgemeine Geschäftsbedingungen anzuwenden. Jedem Kunden müssen die gleichen Möglichkeiten zustehen.

Das Gleiche gilt für die vom Anbieter akzeptierten Zahlungsmethoden.  Der Anbieter kann nicht auf Grund des Standortes des Zahlungskontos, des Ortes der Niederlassung des Zahlungsdienstleisters oder des Ausstellungsorts des Zahlungsinstruments innerhalb der EU unterschiedliche Bedingungen für Zahlungsvorgänge anwenden.

Die EU-Kommission stellt auf ihrer Homepage eine weitreichende Information zur Geoblocking-Verordnung zu Verfügung, in der anhand konkreter Beispiele die einzelnen Artikel genauer erläutert werden.

Was passiert bei Nicht-Beachtung?

Gemäß §126 Telekommunikationsgesetz (TKG) kann die Bundesnetzagentur bei Verstößen eine Stellungnahme und Abhilfe fordern. Hierbei kann ein Zwangsgeld von bis zu 500.000€ festgesetzt werden.  Ebenfalls kann ein Bußgeld von bis zu 300.000€ verhängt werden, §149 Abs. 2 Nr. 2 TKG.

Bei Verstößen wird neben dem TKG auch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) Anwendung finden. Verstöße fallen unter die §§ 3 und 3a des UWG. Somit können Verantwortliche auf Unterlassen und Schadensersatz in Anspruch genommen werden.

Kostenpflichtige Rufnummern im Impressum rechtswidrig

Das OLG Frankfurt/M. hat in einem Berufungsverfahren bestätigt, dass kostenpflichtige Rufnummern im Impressum rechtswidrig sind, wenn sie an der zulässigen Obergrenze für Verbindungspreise gem. § 66d Abs. 1 TKG liegen (Urteil v. 2.10.2014 – Az. 6 U 219/13).

Kostenpflichtige Mehrwertnummer im Impressum

Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Beklagte, die u.a. einen Internetversandhandel betreibt, führte in ihrem Impressum neben Anschrift, Rechtsform und Vertretungsberechtigtem als Kontakt eine kostenpflichtige Mehrwertnummer an. Auch unter der Rubrik „Kontakt“ wurde lediglich auf diese Nummer verwiesen, sowie ein Kontaktformular bereitgestellt, dass auf das Email-Programm des Besuchers verlinkt war. Die Kosten der Mehrwertnummer betrugen 0,49 € aus dem Festnetz und bis zu 2,99 € aus dem Mobilfunknetz pro Minute. Die Klägerin vertrat die Ansicht, dass die Beklagte gegen ihre Pflicht aus § 5 Abs.1 Nr. 2 TMG (Telemediengesetz) verstoße, eine unmittelbare, schnelle und effiziente Kommunikation neben der elektronischen Kontaktaufnahme zu ermöglichen (siehe auch Art. 5 Abs. 1 lit. c) RL 2000/31/EG „Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“). Die Beklagte vertrat die Ansicht, dass „effizient“ in diesem Sinne nur unter zeitlichen Aspekten verstanden werden könne, mithin der Verbraucher unmittelbar zu einer Kommunikationsleistung gelangen könne. Dies sei laut der Beklagten bei Telefonaten immer der Fall.

„Effiziente Kommunikation“ beschränkt sich nicht nur auf zeitliche Aspekte

Bei ihrer Argumentation bezog sich die Beklagte auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil v. 16.10.2008 – Az. C 298/07), das ihrer Meinung nach ihre Ansicht bestätigte. Das OLG Frankfurt/M. verneinte jedoch die Ansicht der Beklagten und schloss sich dem LG Frankfurt/M. an. Der EuGH habe vielmehr im besagten Urteil gar nicht zu dieser Frage Stellung bezogen. Demnach beschränkt sich eine „effiziente Kommunikation“ nicht nur auf zeitliche Aspekte. Das OLG vertritt die Ansicht, dass „Effizienz“ sehr wohl auch ökonomische Aspekte der Kontaktaufnahme beinhalte. Folglich sei bei der Bereitstellung einer kostenpflichtigen Kontaktaufnahme auch darauf zu achten, dass der Verbraucher nicht durch zu hohe Kosten von einer Kontaktaufnahme abgehalten werde. Dies sei aber jedenfalls dann der Fall, wenn sich die Kosten der Obergrenze des zugelassenen Rahmens nach § 66d Abs. 1 TKG nähern, der sich auf drei Euro pro Minute beläuft.

Wettbewerbswidrigen Vorteil erlangt

Durch die Nutzung hätte die Beklagte zudem einen rechtswidrigen Wettbewerbsvorteil erlangt, so die Richter des OLG. Diesen erblickten die Richter in potenziellen Kostenersparnissen der Beklagten, durch die mögliche „Abschreckung“ der Verbraucher durch die kostenpflichtige Mehrwertnummer, im Vergleich mit ihren Mitbewerbern. Ebenso könnte die Beklagte durch derart hohe Kosten für die Anrufe eventuell Nebeneinnahmen generieren. Beides widerspreche den „verbraucherpolitischen Zielen“ des § 5 TMG.
Da immer noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ob eine kostenpflichtige Mehrwertnummer im Impressum, unabhängig von der Höhe ihrer Kosten überhaupt rechtmäßig ist, hat das OLG Frankfurt/M. die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Eine entsprechende Tendenz ist dem Urteil des OLG auch nicht zu entnehmen. Das OLG stellt lediglich fest, dass weder dem Wortlaut des § 5 TMG noch der RL 2000/31/EG zu entnehmen ist, dass die bereitgestellte Kontaktmöglichkeit für den Verbraucher kostenlos sein muss (vgl. dazu auch Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, TDG 2004, Rn. 26 zu § 6 TDG). Ob die Beklagte in Revision geht stand noch nicht fest.

Was heißt das für Anbieter von Telemedien?

Für Anbieter von Telemedien (z.B. Internetseiten) bedeutet das Urteil nicht, dass automatisch alle kostenpflichtigen Nummern in Impressen rechtswidrig wären. Das Gericht hat hinsichtlich dieser Frage sogar ausdrücklich festgestellt, dass die Wortlaute der in Frage kommenden Vorschriften keine für den Verbraucher kostenlose Kontaktmöglichkeit verlangen. Allerdings ist bei der Höhe der Kosten Vorsicht geboten. Jedenfalls wenn die Kosten an der Obergrenze des § 66d Abs. 1 TKG angesiedelt sind, gehen die Gerichte von einer Abschreckung der Verbraucher zur Kontaktaufnahme aus und betrachten dies als rechtswidrig. Wer auf der sicheren Seite sein möchte, sollte ein kostenlose Telefonnummer in seinem Impressum bereitstellen.
Fraglich bleibt somit, wie hoch die Kosten für eine kostenpflichtige Nummer sein dürfen. Das OLG Frankfurt/M. lehnt eine Entscheidung diesbezüglich in seinem Urteil ab, da diese Frage nicht Gegenstand des Verfahrens ist. Insofern kann noch keine Ratschläge gegeben werden, wie hoch eine Gebühr nun ausfallen darf. Anzunehmen ist, dass eine Gebühr nur so hoch sein darf, wie sie keinen Verbraucher von der Kontaktaufnahme abhält. Was das genau bedeutet muss wohl noch höchstrichterlich geklärt werden.